Der Fahrer, Mitglied im Vorstand der Fahrervertretung IG BREMER TAXIFAHRER, forderte ursprünglich auch die Rücknahme des berüchtigten
Sanktionskataloges, inklusive Verhängung von Geldbußen, von der Funkzentrale. In diesem Punkt hat der TR das zu erwartende Urteil abwenden können, in dem er nach Einreichung der Klage diese
Praxis wenigstens offiziell einstellte.
Die Funksperren laufen elementarsten rechtlichen Grundsätzen zuwider, urteilte das Landgericht, und verbieten sich „per se“. Die bislang vom TR vorgebrachten Begründungen sind dem Richter zu Folge teilweise „ohne Substanz“. Die Abwegigkeit der TR-Auffassung bestätigten im Übrigen auch andere Richter bereits sehr deutlich, die über die beiden ähnlichen Klagen noch zu entscheiden haben. Auch sie ließen wenig Zweifel aufkommen, dass die Fahrervertretung hier im Recht ist.
Der TR hat trotzdem gegenüber der IG Berufung angekündigt, die bis zum 08.04. eingereicht werden muss. Eine erfolgreiche Berufung ist indes schwer vorstellbar, denn der TR hat eklatante
Mängel in sein „Sanktionssystem“ eingebaut. Sie dürfte daher nur taktische Bedeutung haben, da das Urteil dadurch vorerst nicht vollstreckt werden kann.
2012 hat die Taxizentrale auf Bestreben der Vereinsführung Sanktionen gegen Fahrer eingeführt. Die IG BREMER TAXIFAHRER protestierte und verhandelte. Das „Pipipausen-Verbot“ wurde daraufhin
wieder aufgehoben und die Funksperren modifiziert. Die IG hatte seit langem ebenso angemahnt, dass ein Verein gegenüber Nicht-Mitgliedern (hier: Taxifahrern) nicht zu Sanktionen legitimiert ist
und Fahrer auch nicht „in die Bütt“ bestellen darf. Im Kern jedoch – den Ausschluss von der Funkvermittlung – blieben Vorstand und Aufsichtsrat der Vermittlungsstelle beratungsresistent.
Auf die Schreiben unserer Anwälte kamen nur substanzlose Erwiderungen vom Hausanwalt des Bremer Vereins.
Schließlich legten drei Vorstandsmitglieder der IG Klage ein. Dennoch ließen sich Vorstand und Aufsichtsrat 2014 die Funksperren von der „Vollversammlung“ sogar „bestätigen“, ohne die
Abstimmenden auf die bereits gerichtlich anhängige Auseinandersetzungen und die realistischen Chancen des TR hinzuweisen. Ohnehin haben Aufsichstrat und einige Mehrwagenbetriebe faktisch bereits
die Stimmenmehrheit. Der Richter bemerkte in der Verhandlung auch ohnedies einige Vorgänge, die für Vereinsmitglieder interessant sein sollten. [Das Urteil zum download im Original wird hier in Kürze bereitgestellt]
Es folgten, nach dem Klage eingereicht worden war, auf Vorschlag des TR in allen drei Fällen vorab gerichtliche „Mediationen“, die dazu dienen sollten, im Verhandlungswege zu einer Einigung zu
kommen. Bereits in den Mediationen zeichnete sich ab, dass die Erfolgssaussichten des TR schlecht sein würden. Zwischen den Parteien kam es zu keiner Einigung.
Nach der Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht Bremen gab der Richter der Fahrervertretung Recht: Die Sanktionen des Fahrers durch die Zentrale seien „nicht einmal gesetzlich
vorgesehen“. Die Sperren waren rechstwidrig und das Sanktionssystem sei „rechtlich nicht legitimierbar“
Die Teilnahme an der Funkvermittlung sei wesentliche Grundlage der Beschäftigung eines Taxifahrers und trage wesentlich zur Erzeugung seines Einkommens bei. Sowohl aus dem rechtlichen Verhältnis
als angestellter beim Mitgliedsunternehmen als auch durch den gewährten Gestattungsvertrag zur Funkteilnahme ergäbe sich auch ein Anspruch des Fahrers, den die Zentrale nicht ohne weiteres
einschränken könne.
Der Lesart des TR, nachdem sich der Taxifahrer ganz freiwillig den Regularien unterworfen habe und die Funkvermittlung des TR ebenso freiwillig geschehe und jederzeit widerrufen werden könne,
folgte der Richter nicht – zu dem der vorgelegte Gestattungsvertrag vom Vorstandsmitglied der IG nicht unterzeichnet wurde.
Der TR schloss den klageführenden Taxifahrer 2013 und 2014 mehrere male durch die automatische Sanktionskaskade der Bremer Vermittlungsstelle von der Funkvermittlung aus. Der TR „bestritt dies
mit Nichtwissen“ (vulgo: sie wussten von nichts) und begründete seine automatisierten Sanktionen mit Sätzen wie
„die Bereitstellung (...) von Taxen auf einem Taxenplatz lässt sich nicht mit der Verrichtung einer Notdurft in Einklang
bringen“.
Im Wesentlichen fuße das Reglement auf der Betriebsordnung des TR, der bremischen Taxenordnung und dem Personenbeförderungsgesetz. Außerdem sei es durch die Vereinsmitglieder „bestätigt“ worden.
Der Richter klärte jedoch darüber auf, dass öffentlich-rechtliche Gesetze und Verordnungen den TR nicht dazu ermächtigen, Sanktionen oder Geldbußen zu verhängen. Er rügte zudem, dass die
Funksperren weder in der Betriebsordnung noch in der Satzung des Vereins erwähnt würden. Er kritisierte außerdem das Vorgehen des Vereins, denn „bestätigt“ werden könne nur etwas, was zuvor
beschlossen worden wäre (z.B. durch den Vorstand). Ein schriftlicher Nachweis darüber fehlt aber. Dem Sanktionssystem selber könne sich ein Fahrer aber nur unterwerfen, wenn dies vorher
vereinbart wurde und die Bedingungen schriftlich hinterlegt seien.
Funksperren würden sich „per se“ verbieten, weil sie dem rechtlichen Grundsatz zu widerlaufen, dass eine Sanktion nur verhängt werden könne, wenn es ein Tatbestand objektiv erfüllt wäre und eine
Schuldfeststellung erfolgt sei. Dies ist aber bei der angewendeten „automatischen Sanktion“ nicht möglich, da eine Möglichkeit zum vorherigen Gehör ausgeschlossen ist. Letztendlich sei das
Sanktionssystem rechtlich nicht legitimierbar. Selbst einem Arbeitgeber sei es nicht gestattet, Disziplinarmaßnahmen ohne vorherige Anhörung zu verhängen.
Den Vortrag des TR, dass die Funksperren unbedingt notwendig seien, um einen „geregelter Betriebsablauf“ aufrecht zu erhalten, bezeichntete der Richter als „ohnehin substanzlos“. „Die geregelte
Verfügbarkeit des jeweiligen Fahrer lässt sich auch anders sicherstellen“ führte der Richter aus. Ingo Heuermann erklärte der IG inzwischen auf Nachfrage, dass es bei Wegfall der Funksperren
„Änderungen im Betriebsablauf, die einer anderen Ordnung unterliegen“ geben müsse. Welcher Art diese Änderungen sein könnten und von welcher „anderen Ordnung“ er sprach, ließ er offen.
Auch im zweiten Prozess, bei dem bereits ein erster Termin stattgefunden hat, rügte die Vorsitzende Richterin den TR. Der Gestattungsvertrag lege im Wesentlichen nur Pflichten des Fahrers fest,
während die Beschreibung der Gegenleistung des Vertragspartners „Taxi-Ruf“ fehlt. Sie ging aber vorerst noch nicht wie ihr Kollege davon aus, dass aus der rechtlichen Konstellation bereits ein
klares Rechtsverhältnis resultiere, in dem der Fahrer einen Anspruch auf Teilnahme an der Funkvermittlung hätte. Daher forderte sie die Anwälte J. T. Meyer und Norman Schwiebert dazu auf, diesen
Anspruch schriftlich genauer zu begründen. Die Anwälte sind dem inzwischen ausführlich nachgekommen und nun hat der TR Gelegenheit zur Stellungnahme.
13.10.13 - Juristen: Funksperren und Sanktionen ohne Rechtsgrundlage. Als letzter Versuch fordert ein Mitglied der IG anwaltlich zur Unterlassung der Funksperren auf. Für Sanktionen jeglicher Art fehlt dem Call-Center die Rechtsgrundlage.
10.03.13 - Mitgliederinfo: Taxi-Ruf ignoriert Brief der Fahrervertretung
15.02.13 - Offener Brief an den TR: Schluss mit den Schikanen, sofort!
08.10.12 - Offener Brief an den TR: Taxi-Ruf droht weiter mit neuen Sanktionen
14.04.12 - Neue Sanktionen bei der Auftragsvermittlung
21.03.12 - Vergleich vor dem Amtsgericht: Sanktionen nicht durchsetzbar